Geschichts-LK

Schwester, Schwester (für uns sind sie die Sahnetorte)

Geschichts-LK bei Schwester Simone? Das heißt auch gleichzeitig Religions-, Pädagogik- und Altsprachenunterricht, denn hätten wir uns alles merken können, was sie uns vermitteln wollte, hätten wir uns gar nicht so sehr um unser Abitur zu sorgen brauchen. So wurde uns neben historischen Ereignissen auch Nützliches für das spätere Leben beigebracht, wie z.B. die alltäglichen Benimmregeln ("Il-Woo, könnten sie mal bitte die Stühle herunternehmen, damit die Damen nicht aufzustehen brauchen?") oder Dinge zur Allgemeinbildung ("Tobias, das steht im NT!" - "Was ist das NT?").

Aber auch unsere Gesundheit lag ihr sehr am Herzen. So sorgte sie fast immer für ein paar Gymnastik-Übungen ("Holen sie mir mal bitte ein Pult!") und für genügend Sauerstoffzufuhr.

Erstaunlich war ihre Fähigkeit, an mehreren Orten gleichzeitig sein zu können. Obwohl sie von einer Verpflichtung zur anderen raste (keine Sorge, ihr habt keine Halluzinationen, es gibt keine schwarzen Kometen, es war nur Schwester Simone!), war sie immer für uns da und versetzte uns in Schrecken, wenn sie mit unseren Klausuren bereits nach vier Tagen erschien ("Ich hab die ganze Nacht durchgearbeitet, mein Bett kennt mich nicht mehr!").

Sie war sogar bereit, mit ihren Kindern aus der Unterprima ein gar lustiges Ratespiel zu veranstalten und sich so manchen Film anzusehen. Leider geschah dieses nur vor den Ferien. Ansonsten war viel Arbeit angesagt: unter allgemeinem Stöhnen nahmen wir manchmal (zu oft!) bis zu sieben Zetteln (oder auch "Arbeitsblätter") entgegen, die bearbeitet und anschließend frei vorgetragen werden mußten, was eine enorme Leistung von uns abverlangte, wozu unsere Gehirnkapazität leider nicht fähig war ("Sie sollen das aber nicht ablesen, sondern reflektieren und kommentieren!"). War solch eine Aufgabe angesagt, wurden die Köpfe der meisten immer kleiner, und man versuchte, sich so weit wie möglich hinter dem Vordermann zu verstecken. So blieb Schwester Simone oft nichts anderes mehr übrig, als Martin D. oder Roland R. dranzunehmen, die sich jedesmal freudig meldeten. Aber einsamer Spitzenreiter für das freie Vortragen der Arbeitsblätter war natürlich ganz klar Sebastian K., was auch Schwester Simone sehr schnell herausgefunden hatte ("Sebastian, wie wär’s denn mit ihnen, ihre Stimme kenne ich gar nicht mehr!").

Aber von all diesen Dingen bekamen die anderen LKs nur wenig mit, denn die Wahl zum Geschichts-LK bedeutete auch gleichzeitig, abgeschoben zu werden. Seit der 11.2 irrten wir zwischen Textilraum, Abstellkammer und Obergeschoß herum. Aber die Suche nach dem Raum war meistens nicht der Grund für viele Verspätungen und Nichterscheinen. So konnte es vorkommen, daß man dreimal hintereinander zur Musterung mußte. Selbstverständlich hat der böse Wecker des öfteren versäumt zu klingeln oder irgendein unverschämter Mensch hatte unseren Parkplatz gestohlen. Dieses wurde jedoch mit Güte und Nachsicht seitens Schwester Simone vernommen. Ihre Standardfrage "Wer fehlt denn heute?" beantwortete sie somit selber ("Ach der wird schon noch kommen, der wollte nur ausschlafen!"), und auf unsere Antwort ("Silvia M., Sascha L. und André A.") fiel sie spätestens seit Ende der 12 nicht mehr herein.

Nicht zu Schwester Simones Erziehungsmaßnahmen gehörte die strenge Sitzordnung: links die Mädchen - rechts die Jungen. Leider fiel uns armen Artikelschreibern an dieser Stelle kein passendes Kommentar zu dieser Ordnung ein, deshalb befragten wir Il-Woo. Seine Antwort:

"Rechts saßen die schwarzen Schafe, links die braven Engel."

Tja, ist dem noch etwas hinzuzufügen? Oh ja, und zwar folgendes:

Diese Aussage ist sehr gut auf unsere Klausurenzeit anzuwenden. Während die "schwarzen Schafe" mindestens viermal pro Klausur zu einem gewissen Örtchen rannten (damit ist nicht das Klo gemeint, sondern der Ort, wo die Bücher versteckt lagen), schrieben sich die "braven Engel" die Finger fast wund.

Alles in allem kann man also sagen, daß das Klima zwischen den beiden Parteien nicht immer sehr freundlich war (O-Ton S.R.: "Tobias, Du bist hier doch der Obermacker! Ach nee, ich hab’ Martin D. vergessen!"), aber das Schlußwort hat natürlich Schwester Simone: "Menschlich sehr nett; einige sehr lieb; ab und zu wäre mehr Fleiß angebracht gewesen!"